21 Februar 2012

Drogenstrategie 2012

Vergangene Woche hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Mechthild Dyckmans (FDP) die neue Drogenstrategie vorgestellt. Die “Nationalen Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik” setzt dabei auf Aufklärung und Beratung. Werbeverbote, höheren Steuern auf Alkohol oder härteren Strafen für Schnapsverkauf an Jugendliche? Fehlanzeige! Die Bundesregierung schwenkt in ihrer Drogenpolitik auf einen Schmusekurs mit Wirtschaft und Lobbyisten ein.

In Deutschland sterben jährlich 200.000 Menschen durch Tabak und Alkohol. "Riskantes Konsumverhalten nimmt immer mehr zu" warnt selbst die Drogenbeauftragte. Darauf nur mit Aufklärungbroschüren und Selbstverpflichtungen der Industrie zu Antworten ist lächerlich. Hier greift die neue Strategie, die den seit 2003 gültigen Aktionsplan ablöst, eindeutig zu kurz. Auch die 12,25 Millionen Euro an Bundesmittel für Prävention sind zu mickrig. Sie stehen 471 Millionen Euro (2009) für Alkohl- und 128 Millionen Euro (2007) für Tabakwerbung gegenüber. (Siehe auch: Werbung für Drogen)

Aber es gibt auch durchaus positive Ansätze zu erkennen. Zum einen umfast die deutsche Drogenstrategie, entgegen anderen europäischen Ländern, sowohl illegale als auch legale Drogen. Auch die Problemfelder Medikamentenabhängikeit, Glücksspiel- und Internetsucht wurden in die Strategie integriert. Zum anderen möchte die Drogenstrategie 2012 den Mensch in den Mittelpunkt stellen und spezielle Risikogruppen auch individuell ansprechen. Beispielsweise beim Alkoholverzicht in der Schwangerschaft und Stillzeit. Beides sehr positive Ansätze.

Ansonsten gliedert sich die neue deutsche Drogenpolitik in vier Ebenen:

Prävention, also die Aufklärung über die Gefahren des Suchtmittel- oder Drogenkonsums wobei hier der Schwerpunkt bei den bei Kindern und Jugendlichen gelegt wird.

Hilfen zum Ausstieg, also Beratungs- und Behandlungsangebote sind notwendig, um Suchtkranken beim Ausstieg aus dem Suchtkreislauf zu helfen.

Schadensreduzierung, also Überlebenshilfen und Maßnahmen zur Schadensbegrenzung wie z. B. die Drogenkonsumräume mit Angeboten zum Spritzentausch

Repression, also gesetzliche Regulierungen zur Angebotsreduzierung und allgemeine Verbote wie z.B. Nichtraucherschutzgesetze, das Jugendschutzgesetz und das Betäubungsmittelgesetz. Als auch die Bekämpfung der Drogenkriminalität.

Auch wenn die Drogenstrategie 2012 keinen bahnbrechenden Veränderungen erwarten lässt, sie zeigt auf was unsere Gesellschaft in Sachen Drogen und Sucht zu erwarten hat. Sie evaluiert alte Strategien wie die gegen Alkoholmissbrauch und stellt sich neuen Problemen wie Onlinesucht und “Legal Highs”. Ein lesenswerter Kompass von Anti-Drogen-Strategien, ob diese wirklich Durchschlagskraft haben muss sich noch zeigen. Drogenguide.de wird ihnen allen auf den Zahn fühlen.



Quellen: Nationale Strategie & Jahrbuch Sucht


Foto: Pressefoto Drogenbeauftragte der Bundesregierung Mechthild Dyckmans (FDP)

14 Februar 2012

Drogen sind out

Am Freitag stellte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine neue Studie zum Drogenkonsum bei Jugendlichen (12- bis 17-Jährigen) und jungen Erwachsenen (18- bis 25- Jährigen) vor. Die Ergebnisse spiegeln im Wesentlichen die bereits im "Drogen und Suchtbericht 2011" veröffentlichten Fakten wieder. Bis auf das Problemfeld "Komasaufen" bei den 18- bis 25-Jährigen können sich die Ergebnisse durchaus sehen lassen. 


Zunächst die Fakten zu den legalen Drogen:

Alkoholkonsum

  • Bei den Jugendlichen ist der regelmäßige (mindestens wöchentliche), Alkoholkonsum von 17,9 Prozent im Jahr 2001 auf 14,2 Prozent im Jahr 2011 gesunken.
  • Bei den jungen Erwachsenen ist gegenüber 2001 keine Veränderung zu verzeichnen (39,8 Prozent).
  • Bei den Jugendlichen gaben 15,2 Prozent an, innerhalb der letzten 30 Tage an Rauschtrinken (Konsum von mindestens fünf alkoholischen Getränken bei einer Trinkgelegenheit) praktiziert zu haben. 2004 (Beginn der Erfassung des Rauschtrinkens) waren es noch 22,6 Prozent
  • Bei den jungen Erwachsenen liegt die 30-Tage-Prävalenz des Rauschtrinkens im Jahr 2011 bei 41,9 Prozent und ist damit fast unverändert hoch wie im Jahr 2004 (43,5 Prozent).

Tabakkonsum

  • Bei den Jugendlichen liegt die Raucherquote bei einen neuen historischen Tiefstand von 11,7 Prozent in 2011 gegenüber 27,5 Prozent in 2001
  • Bei den jungen Erwachsenen ist die Raucherqute auf 36,8 Prozent zurückgegangen, sie lag 2001 bei 44,5 Prozent
  • Parallel zu dieser Entwicklung ist der Anteil der jungen Menschen, die noch nie im Leben geraucht haben, weiter gestiegen.
  • Bei den Jugendlichen hat sich der "Nie-" Raucheranteil von 40,5 Prozent in 2001 auf 70,8 Prozent in 2011 erhöt
  • Bei den jungen Erwachsenen steigt der "Nie-" Raucheranteil signifikant von 23,1 Prozent in 2001 auf 27,6 Prozent in 2011.

Auch beim Konsum illegaler Drogen zeichnet sich ein recht positives Bild ab. Insgesamt  17,6 %  der  12-  bis  17-jährigen  Jugendlichen  in  Deutschland  haben  schon  einmal eine  illegale  Droge  angeboten  bekommen. Der  Anteil  Jugendlicher,  die  eine illegale  Droge  auch  schon  einmal  probiert  haben,  fällt  mit  einer  Lebenszeitprävalenz  von 7,2 %  deutlich  geringer  aus.  Das  bedeutet,  weniger als  die  Hälfte  derjenigen,  die  jemals  ein Drogenangebot  erhielten,  hat  dieses  akzeptiert. Weitere Fakten zum Konsum illegaler Drogen bei Jugendlichen sind laut der Studie:

  • Illegale  Drogen  spielen  bei  männlichen  Jugendlichen  und  jungen  Erwachsenen  eine  größere Rolle  als  bei  den  weiblichen.
  • Bei den Konsumprävalenzen und dem regelmäßigen Konsum illegaler Drogen gibt es kaum Sozial- oder Bildungsunterschiede.
  • Bei den den Jugendlichen konsumieren 4,9 % illegale Drogen, davon 4,6 % Cannabis, andere Drogen als Cannabis nur 1 Prozent.
  • Bei den Jugendlichen folgen in der Drogenaffinität die Amphetamine (0,4 %) und Psychoaktiven Pflanzen (0,4 %)
  • Bei den jungen Erwachsenen konsumieren 14,3 % illegale Drogen, davon 13,5 % Cannabis, andere Drogen als Cannabis nur 2,8 Prozent.
  • Bei den jungen Erwachsenen folgen Amphetamine (1,6 %) und Ecstasy (1,0 %)  in der Drogenaffinitätsstudie
  • Cannabis ist also mit Abstand die beliebteste illegale Droge. Die Konsumraten sind auf hohem Niveau rückläufig.
  • Bei den Jugendlichen gaben 6,7 % im Jahr 2011 an, schon einmal Cannabis konsumiert zu haben (Lebenszeitprävalenz). Gegenüber 15,1 % in 2004 entspricht das einer Halbierung.
  • Bei den jungen Erwachsenen viel der Rückgang auf 39,2 % von 43,0 % in 2004 geringer aus.
Die Studie hat auch Einfluss auf die neue Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung. Dazu wird es aber nächste Woche einen eigenen Blogeintrag geben.

Quelle:  Studie „Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2011“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 


08 Februar 2012

Rauchen macht dumm

Rauchen macht dumm. Auch wenn sich die Kohortenstudie mit 10.0000 britischen Staatsangestellten gewählter ausdrückt. Rauchen schädigt die Lungen und fördert die Arteriosklerose. Beides führt zu weniger Sauerstoff im Gehirn. Davon sterben Hirnzellen ab, manchmal auch eine größere Gruppe. Es kommt zu stummen Infarkten. Die höheren Hirnfunktionen bleiben als erste auf der Strecke. So die Ergebnisse des University College London.

Nicht das es neu wäre das Rauchen der Gesundheit schadet. Das interessante ist die lange Beobachtungsdauer der Studienteilnehmer, die bereits Mitte der 80er Jahre begann. So deckte die Langzeitstudie einige bemerkenswerte Details auf:

  • Rauchen ist im Alter mit einem beschleunigten kognitiven Abbau verbunden. Dabei gibt es eine Dosis-Wirkungsbeziehung. Je mehr geraucht wurden, desto schlechter die Ergebnisse.
  • Raucher, die im mittleren Alter an der Gewohnheit festhalten, erzielen in allen kognitiven Tests die schlechteren Ergebnisse.
  • Auch zehn Jahre nach der letzten Zigarette verschlechtern sich die Ergebnisse. Betroffen sind vor allem die exekutiven oder Verstandesfunktionen.
  • Die Assoziation wird vermutlich unterschätzt, da Raucher ein höheres Sterberisiko haben oder sich häufiger den Nachfolgeuntersuchungen entziehen.
  • Die Auswirkungen des Rauchens auf den kognitiven Abbau entsprechen etwa 10 Jahren Lebenszeit.

Die Ergebnisse waren in der Studie nur für Männer signifikant, was allerdings an der größeren Zahl der männlichen Raucher und deren höherer Konsumrate gelegen haben könnte.

In den Kommentarfunktionen der Onlinemedien die über die Studie berichteten konnte man dann wieder herrliche Verschwöhrungstheorien lesen. Die bösen Anti-Tabak-Lobbyisten belügen die Menschheit und die ganzen Studien die belegen wie schlecht Rauchen ist sind Schwindel. Gekontert wird mit den Namen angesehener Raucher wie Helmut Schmidt,
Sigmund Freud oder Johannes Heesters. Weil die schlau sind, muss die Studie falsch sein.

Der Schaden für Gesundheit und Lebensqualität durch rauchen ist hinreichend belegt. Wer irgendwelchen Studien nicht glauben mag, fragt einfach mal jemanden der nach vielen Jahren Qualmerei aufgehört hat. Wie der Geschmackssinn zurück kam, wie sich jetzt tief Luft holen anfühlt und vieles mehr. Davon hat leider auch ein schlauer Kopf wie Helmut Schmidt keine Ahnung.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt

Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F048646-0033 / Wegmann, Ludwig / CC-BY-SA

01 Februar 2012

Hirndoping mit Neuro-Enhancern

Unter Hirndoping (pharmakologisch Neuro-Enhancement) versteht man die Einnahme von psychoaktiven Substanzen aller Art mit dem Ziel der geistigen Leistungssteigerung. Eine Umfrage des Wissenschaftsmagazin „Nature“ im April 2008 ergab, über 20 % der Leser hatten bereits Drogen zur Steigerung ihrer Konzentration und Erinnerungsfähigkeit genutzt. Die Umsätze der Pharmaindustrie in diesem Bereich steigen seit Jahren. Modafinil oder Ritalin steigern die Durchhaltefähigkeit bei langwierigen Tätigkeiten und vertreiben die Müdigkeit. Später wird das Hirn dann mit Cannabis oder Beruhigungsmedikamenten wieder heruntergefahren.

Eine Umfrage im Auftrag des Bundesgesundheitsministerium hat versucht die Frage des „Hirndoping“ bei Studierenden repräsentativ zu beleuchten. Hier einige interessante Fakten aus der Studie:
  • 17 % könnten sich vorstellen „Hirndoping“ zu betreiben
  • 12 % haben schon leistungsfördernde Substanzen eingenommen
  • 5 % nutzen dazu verschreibungspflichtige Medikamente
  • weitere 5 % versuchen ihre Leistungen durch Vitaminpräparate, homöopathische und pflanzliche Substanzen zu optimieren
  • mit steigender Studiendauer steigt auch der Prozentsatz der „Hirndoper“
  • die meisten „Hirndoper“ gibt es in der Fachrichtung Medizin/ Gesundheitswissenschaften

Ganz besonders interessant finde ich folgendes Ergebnis:

Zwischen den Hirndopenden und den übrigen Studierenden bestehen deutliche Unterschiede in Bezug auf die Zuversicht für verschiedene Aspekte: Der Anteil der (sehr) zuversichtlichen Studierenden in Bezug auf den Studienerfolg, die berufliche Zukunft, das persönliche Wohlergehen und das materielle Auskommen ist unter den Hirndopenden durchgängig deutlich geringer als unter den Studierenden, die keine leistungsbeeinflussenden Substanzen nehmen bzw. solchen, die „weiche“ Mittel anwenden.

Mit Hirndoping lässt sich eine Aufgabe vielleicht besser „durchziehen“ es macht aber weder schlauer noch kreativer. So genante Smart- oder Go-Pills steigern eher die Quantität als die Qualität der Hirnleistung. Das mag dem Einzelnen hin und wieder ausreichen, auch mancher Arbeitgeber freut sich sicher über solche Mitarbeiter. Wirklich vorwärts bringen Neuro-Enhancer aber werde den User noch die Gesellschaft. Neben den gesundheitlichen Risiken besteht die Gefahr eines neurochemischen Rüstungswettlauf. Wenn nämlich der Griff zur Pille notwendig wird um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein.

Quellen: Fluter Nr.37 (Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung) und
HISBUS-Befragung (
http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-201201.pdf)

Foto: © julien tromeur – Fotolia.com