04 April 2018

Vollrausch

Beim Vollrausch handelt es sich um einen so genannten "Auffangtatbestand" im Strafgesetzbuch (StGB). Dieser greift immer dann, wenn jemand eine Straftat begeht, für die er nicht bestraft werden kann, weil er Aufgrund eines Rauschzustandes schuldunfähig ist. Diese Schuldunfähigkeit ist im § 20 StGB beschrieben, dort heisst es: "Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln". Aufgrund des dem Strafrecht zugrundeliegenden Schuldprinzips können Täter, die schuldlos handeln, nicht bestraft werden.

Das bedeutet, der Täter der sich zudröhnt (egal ob mit legalen oder illegalen Drogen) kann sich auf eine "tiefgreifenden Bewußtseinsstörung" berufen und nicht oder zumindest nur mit geringerem Strafmaß bestraft werden. Am einfachsten erklärt sich das am Rausch durch Alkohol. Hier wird im Allgemeinen ab 2,0 Promille eine verminderte Schuldfähigkeit angenommen, bei Tötungsdelikten ab 2,2 Promille. Von der "richtigen" Schuldunfähigkeit spricht man ab 3,0 Promille, bei Tötungsdelikten wegen der höheren Hemmschwelle im Allgemeinen ab 3,3 Promille. Um die Straftaten, die von Tätern ausgehen, die sich vorsätzlich oder fahrlässig in einen Rausch versetzt haben sanktionieren zu können, wurde am 24. November 1933 der Tatbestand des Vollrausches eingeführt. Dort heisst es im § 323a StGB :

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte. 

Umstritten ist noch der Fall, indem sich Täter bewusst nur deshalb berauschen um Straftaten ungestraft begehen zu können, die "vorverlegte Schuld" oder auch "actio libera in causa" (a.l.i.c) . Hiervon spricht man wenn drei Vorausetzungen erfüllt sind. Ein Sichversetzen in die Schuldunfähigkeit, Begehung einer Straftat in diesem Zustand und der Täter muss beides vorsätzlich machen (sogenannter Doppelvorsatz). Ist der Vorsatz also schon im Zustand der Schuldfähigkeit gegeben, kann die Bestrafung (trotz Rauschzustands) nach der normalen Strafnorm im StGB und nicht nach § 323a Vollrausch erfolgen.